Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ist ein wichtiges Instrument zur Vermeidung von Gewerbesteuerbelastungen für Immobiliengesellschaften. Sie soll sicherstellen, dass reine Vermögensverwaltungsstrukturen – etwa bei Vermietung von Wohn- oder Gewerbeimmobilien – nicht allein durch die Wahl der Rechtsform gewerbesteuerpflichtig werden. Allerdings sind die Voraussetzungen dieser Steuervergünstigung streng. Mit Urteil vom 17. Oktober 2024 (Az. III R 1/23) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die zeitlichen Anforderungen erneut bekräftigt – und dabei klargestellt, dass selbst eine Veräußerung am letzten Tag des Jahres, wenn sie nicht exakt zum Tagesende erfolgt, schädlich sein kann.
Gewerbesteuer bei grundstücksverwaltenden Gesellschaften
Grundstücksverwaltende Kapitalgesellschaften – typischerweise GmbHs oder GmbH & Co. KGs – unterliegen per Gesetz in vollem Umfang der Gewerbesteuer, selbst wenn sie nur vermögensverwaltend tätig sind. Dies führt zu einer im Vergleich zu natürlichen Personen höheren Steuerbelastung, obwohl keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Um solche Strukturen nicht zu benachteiligen, sieht § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG eine sog. erweiterte Kürzung vor: Gewinne aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bleiben auf Antrag bei der Gewerbesteuer außen vor.
Enge Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung
Die erweiterte Kürzung greift nur, wenn die Gesellschaft während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Diese Ausschließlichkeit ist laut ständiger Rechtsprechung qualitativ, quantitativ und zeitlich zu verstehen:
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Qualitativ: Keine anderen Tätigkeiten als Vermietung und vergleichbare Verwaltung
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Quantitativ: Auch untergeordnete gewerbliche Einnahmen können schädlich sein
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Zeitlich: Die Voraussetzungen müssen durchgehend während des gesamten Erhebungszeitraums erfüllt sein
Eine anteilige Kürzung – etwa bei kurzfristigem Abweichen – sieht das Gesetz nicht vor.
Der Fall vor dem BFH: Veräußerung „zu Beginn des 31.12.“
Im entschiedenen Fall hatte eine grundstücksverwaltende GmbH ihr einziges Grundstück am 31.12. veräußert. Laut Kaufvertrag gingen wirtschaftliches Eigentum und alle Lasten „zu Beginn des 31.12.“ auf den Käufer über. Die Gesellschaft bestand über den Jahreswechsel hinaus fort, übte jedoch ab dem 31.12. keine grundstücksverwaltende Tätigkeit mehr aus. Der BFH entschied: Die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung waren nicht erfüllt, da am letzten Tag des Erhebungszeitraums keine begünstigte Tätigkeit mehr vorlag.
Entscheidend ist, dass der Erhebungszeitraum der Gewerbesteuer das Kalenderjahr ist – und somit jeder einzelne Tag zählt. Eine Veräußerung „zu Beginn“ des 31.12. führt dazu, dass die Gesellschaft nicht während des gesamten Jahres grundstücksverwaltend tätig war. Die Kürzung fällt damit für das ganze Jahr weg.
Klarstellung: Veräußerung zum 31.12., 23:59 Uhr ist unschädlich
Der BFH verweist zugleich auf eine wichtige Ausnahme: Wird das Grundstück exakt zum 31.12., 23:59 Uhr übertragen, bleibt die zeitliche Ausschließlichkeit gewahrt. Diese sogenannte „technisch bedingte“ Ausnahme wurde bereits in früherer Rechtsprechung anerkannt (BFH, Urteil vom 11.08.2004 – I R 89/03). Entscheidend ist, dass die grundstücksverwaltende Tätigkeit bis zum letzten Moment des Erhebungszeitraums ausgeübt wird.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die Entscheidung verdeutlicht, wie bedeutend eine präzise Gestaltung und Dokumentation von Grundstücksveräußerungen ist:
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Vertragsklauseln sollten klar regeln, wann Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr übergehen – idealerweise zum Ende des 31.12.
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Der Übergang sollte nicht „zu Beginn des 31.12.“, sondern „zum 31.12., 23:59 Uhr“ oder vergleichbar formuliert sein
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Steuerliche Beratung sollte vor Vertragsabschluss einbezogen werden, um mögliche Kürzungsverluste zu vermeiden
Fazit
Der BFH hat mit seiner Entscheidung keine neuen Maßstäbe gesetzt, sondern die bestehenden Anforderungen an die erweiterte Gewerbesteuerkürzung konkretisiert und den zeitlichen Aspekt nochmals betont. Die Ausschließlichkeit muss im Jahresverlauf vollständig gewahrt sein – auch am letzten Tag. Wer den Anwendungsbereich dieser steuerlichen Entlastung nutzen will, muss auf exakte zeitliche Gestaltung achten. Damit bleibt die Regelung planbar, aber fehleranfällig – bei nicht rechtssicherer Umsetzung droht der Verlust einer erheblichen Steuervergünstigung.