Verrechnung von Gewinnen aus ETFs und Verlusten Aktien
Die steuerliche Behandlung von Kapitalerträgen ist für viele Anleger ein komplexes Thema. Besonders die Verrechnung von Gewinnen aus ETFs und Verlusten aus Aktiengeschäften wirft immer wieder Fragen auf. Dieser Beitrag erläutert die wesentlichen steuerlichen Regelungen und gibt praxisnahe Hinweise zur optimalen Gestaltung der Verlustverrechnung.
Kapitalerträge unterliegen in Deutschland grundsätzlich der Abgeltungssteuer von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Dabei werden verschiedene Arten von Kapitalerträgen unterschieden:
Gewinne aus ETFs entstehen, wenn Anteile eines Exchange Traded Funds (ETF) mit Gewinn verkauft werden oder Ausschüttungen erfolgen.
Veräußerungsgewinne aus Aktien entstehen, wenn Aktien mit einem höheren Preis verkauft werden, als sie erworben wurden.
Verluste aus Aktienverkäufen entstehen, wenn der Verkaufspreis unter dem Kaufpreis liegt.
Die steuerliche Behandlung dieser Erträge ist in § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelt. Entscheidend für Anleger ist, in welchen Verlustverrechnungstopf eine Position fällt und welche Verrechnungsmöglichkeiten bestehen.
Ein besonders wichtiger Punkt ist die steuerliche Einschränkung bei der Verrechnung von Verlusten aus Aktienverkäufen. Nach § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG dürfen Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden.
Das bedeutet konkret:
Ein Verlust aus dem Verkauf von Aktien kann nicht mit Dividenden, Zinsen oder ETF-Gewinnen verrechnet werden.
Die Bank führt für solche Verluste einen separaten Aktienverlustverrechnungstopf, aus dem Verluste nur mit zukünftigen Aktiengewinnen ausgeglichen werden können.
Andere Kapitalerträge, wie Gewinne aus ETFs, fließen hingegen in den allgemeinen Verlustverrechnungstopf, aus dem Verluste flexibler verrechnet werden können.
Diese Regelung führt dazu, dass Anleger mit hohen Aktienverlusten diese nur schwer steuerlich geltend machen können, wenn sie keine oder nur geringe Aktiengewinne erzielen.
Da ETF-Gewinne nicht mit Aktienverlusten verrechnet werden dürfen, stellt sich die Frage nach alternativen Möglichkeiten zur steuerlichen Optimierung:
Gewinne aus ETFs können mit allgemeinen Kapitalverlusten verrechnet werden (z. B. Verlusten aus Anleihen, Zertifikaten oder aktiv gemanagten Fonds).
Aktienverluste sollten vorrangig mit zukünftigen Aktiengewinnen verrechnet werden – dies geschieht automatisch über die Verlustverrechnungstöpfe der Depotbank.
Wenn hohe Aktienverluste bestehen, kann es sinnvoll sein, Aktien mit Gewinnen zu verkaufen, um die Verluste steuerlich zu nutzen.
Da Verluste aus Aktienverkäufen nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden können, kann eine Bewertung der eigenen Depotstruktur sinnvoll sein, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Die Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienverluste ist nicht unumstritten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Regelung für möglicherweise verfassungswidrig und hat sie daher dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Verfahren 2 BvL 3/21 zur Prüfung vorgelegt.
Die Kritikpunkte sind:
Ungleichbehandlung von Kapitalerträgen: Während Verluste aus Aktien nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden dürfen, können andere Verluste flexibler genutzt werden.
Möglicher Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus, sodass Anleger vorerst mit der bestehenden Regelung planen müssen.
Wer Aktienverluste erlitten hat, sollte sich mit der korrekten steuerlichen Behandlung auseinandersetzen:
Verlustverrechnungstöpfe prüfen: Banken führen getrennte Töpfe für allgemeine Verluste und Aktienverluste.
Steuerbescheinigungen anfordern: Falls Verluste bei unterschiedlichen Banken entstanden sind, kann eine Verlustbescheinigung beim Finanzamt eingereicht werden, um die Verluste depotübergreifend zu nutzen.
Verlustvortrag nutzen: Nicht verrechnete Verluste können zeitlich unbegrenzt vorgetragen und mit zukünftigen Aktiengewinnen verrechnet werden.
Steuerbescheid unter Vorläufigkeit stellen lassen
Da die Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung noch nicht abschließend geklärt ist, kann es sinnvoll sein, den Steuerbescheid unter den Vorbehalt einer späteren Änderung stellen zu lassen.
Einspruch gegen die Verlustverrechnungsbeschränkung einlegen
Falls hohe Aktienverluste bestehen und keine ausreichenden Aktiengewinne erzielt wurden, kann ein Einspruch mit Verweis auf das anhängige BVerfG-Verfahren sinnvoll sein.
Steuerstrategien gezielt nutzen
Gezielte Verkäufe von Aktien mit Gewinnen können helfen, bestehende Verluste steuerlich zu verwerten.
ETFs und andere Kapitalanlagen sollten hinsichtlich ihrer steuerlichen Behandlung optimiert werden, um die allgemeine Verlustverrechnung zu nutzen.
Die steuerlichen Regeln zur Verrechnung von Kapitalerträgen sind für Anleger nicht immer optimal. Besonders die Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktien sorgt für Einschränkungen, die von den Finanzgerichten aktuell geprüft werden.
Anleger sollten ihre Steuerstrategie genau planen, um bestehende Verluste möglichst sinnvoll zu nutzen. Dabei kann eine steuerliche Beratung helfen, individuelle Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung entscheidet – eine Änderung der aktuellen Regelung ist nicht ausgeschlossen.
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